Bündnis für

THEATER MUSS SCHULE MACHEN! Positionspapier, vorgelegt vom Bundesverband Theater in Schulen


Unterstützer:
Deutscher Bühnenverein
Dramaturgische Gesellschaft
Gesellschaft für Theaterwissenschaft
Kinder- und Jugendtheaterzentrum in der Bundesrepublik Deutschland (KJTZ) Internationale Vereinigung des Theaters für Kinder und Jugendliche Deutschland (Assitej) Bundesverband Freie Darstellende Künste
Bundesverband Theaterpädagogik (BuT)
Bundesarbeitsgemeinschaft Spiel & Theater
Bund Deutscher Amateurtheater (BDAT)

Sowohl Schule als auch Theater stehen vor der Herausforderung, einer sich rasant verändernden Gesellschaft gerecht zu werden. Beide müssen auf gesellschaftliche und soziale Entwicklungen, auf Phänomene des demograBischen Wandels wie Zuwanderung, Urbanisierung, auf neue digitale Kommunikationswege etc. reagieren. Die Welt wird kom- plexer, und zwar in hohem Tempo. Schule und Theater sollten sich trotz unterschiedlicher Aufträge und Arbeitskontexte enger verbinden und dabei Differenzen und systemische Umbrüche produktiv machen: Perspektivenwechsel, Heterogenität, Interdisziplinarität, Spielräume in den Systemen als Chance ergreifen!

I
Kultur- und Bildungssysteme und deren Anliegen weisen vielfältige Schnittmengen auf, stehen aber auch in produktiver Spannung.

II
Die Künste sind gemeinsam mit den Wissenschaften konstituierendes Element von Allgemeinbildung. Deshalb müssen die Künste in allen Bildungseinrichtungen für alle Menschen zugänglich sein.

III
Die Schule ist der einzige Ort, an dem ästhetische und kulturelle Bildung alle Kinder und Jugendlichen – unabhängig von ihrem Wohnort und ihrer sozialen, ökonomischen oder kulturellen Herkunft – kontinuierlich und in hoher Qualität erreicht. Hier erwerben die jungen Menschen grundlegende Kenntnisse und Fähigkeiten, um zu selbstbestimm- ten Mitgliedern unserer Gesellschaft zu werden und am kulturellen Leben teilhaben zu können.

IV
Kulturelle Aktivitäten und Kooperationen mit außerschulischen Partnern sind als wichti- ge Vertiefungen, Ergänzungen oder individuelle Schwerpunktsetzungen zu würdigen. Sie sollten aber nicht bloßes Dekor sein, sondern in ihrer Vielfalt und in gesicherter Qualität zur Veränderung von Schul- und Lernkultur beitragen. Das funktioniert nur, wenn Kul- turelle Bildung in der Schule ihren originären Platz hat, wenn geregelt ist, dass sie zur Kern- und P ichtaufgabe von allgemeiner Bildung gehört und das Schulsystem für Zeit, Raum und quali zierte Lehrkräfte sorgt.
V
Theater ermöglicht gemeinsam mit bildender Kunst und Musik den Modus einer ästhetisch-expressiven Weltbegegnung. Die höchst komplexen Erfahrungs- und Bil- dungschancen, die das körperlich-sinnliche Spiel mit Fiktionen und Möglichkeiten auf inszenatorischer, performativer und semiotischer Ebene eröffnet, können dagegen nur im Theater und in keiner anderen Kunstform gewonnen werden. Theater öffnet Erlebnis- und Denkräume. Theater ist sowohl Spiel-, Begegnungs- und Experimentierraum für Neues und Unbekanntes als auch ein Ort der geschichtlichen und kulturellen Selbstver- gewisserung.

VI
Theater spielen (produzieren) und Theater wahrnehmen (rezipieren) sind Vorausset- zungen für gelingende Bildungsprozesse, die eine aktive Teilhabe am kulturellen Leben erst ermöglichen. Dazu gehören auch die Re exion der eigenen künstlerischen Arbeit, der Austausch über ästhetische Formen und Produktionsweisen sowie die Auseinan- dersetzung mit der gesellschaftlichen Funktion des Theaters. Rollenwechsel und Diffe- renzerfahrung – Überschreitung der eigenen Person – sind zentrale Bildungsmomente im Theater. Divergentes Denken und forschendes Lernen – die Fähigkeiten, eine Frage- stellung aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten und experimentell/performativ zu untersuchen – sind grundlegende Voraussetzung für Kreativität und (ästhetische) Bildung.

VII
Theater in der Schule versteht sich als vielfältige Auseinandersetzung mit den szeni- schen Künsten. Das Fachgebiet umfasst neben dem klassischen Sprechtheater post- dramatische Theaterformen, Objekt- und Figurentheater wie auch Performances und choreogra sche, szenogra sche, mediale und lmische Gestaltungsformen. Darüber hinaus hat das Theaterspiel als soziale und relationale Kunst nicht nur das Potenzial, Menschen mit Themen und Situationen zusammen zu bringen, sondern bietet auch die Chance, durch theatrale Verfahren wie szenisches Spiel und performatives Sprechen das Lernen in anderen Fächern zu bereichern.

VIII
Damit alle Schüler*innen in allen Jahrgangsstufen die Möglichkeit erhalten, theatrale Erfahrungen zu machen, bedarf es analog zu anderen Schulfächern einer hochquali zier- ten, professionellen Aus-, Fort- und Weiterbildung von Lehrkräften für ächendeckenden Theaterunterricht in der Schule, geeigneter Fachräume und sinnvoller Zeitkontingente in den Stundentafeln. Erst unter diesen Rahmenvoraussetzungen können wünschenswerte Synergieeffekte in der Zusammenarbeit zwischen Theaterlehrer*innen und außerschu- lischen Theatermacher*innen – unter Berücksichtigung unterschiedlicher Kompetenzen und gegenseitiger Akzeptanz – bzw. zwischen Schulen und Theatern nachhaltig wirksam werden.

Bündnis für THEATER MUSS SCHULE MACHEN!
Positionspapier, vorgelegt vom Bundesverband Theater in Schulen Finale Fassung / Erstelldatum 08.11.16 / Vorstand des BVTS Verantwortlich: Gunter Mieruch – Sierichstraße 58 – 22301 Hamburg Phone: 0179-7620083 – eMail: gunter.mieruch@me.com

Positionspapier BVTS Feb 17